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Wo Kinder geliebt werden, wachsen sie auch gut auf“

Videobotschaft der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Manuela Schwesig zur Europäischen Konferenz für Regenbogenfamilien

 

manuela-schwesig-gr,property=bild,bereich=bmfsfj,sprache=deLiebe Veranstalter und Organisatoren der Europäischen Konferenz für Regenbogenfamilien,

liebe Familien aus ganz Europa,

liebe Gäste,

herzlich willkommen in Köln – der buntesten Stadt in Deutschland!

Ich wäre heute sehr gern selbst hier, um mit Ihnen ins Gespräch zu kommen. Leider ist mir das aus terminlichen Gründen nicht möglich. Dennoch bin ich sofort und ohne Zögern sehr gern Schirmherrin der Veranstaltung geworden. Und mit Hilfe der Technik gibt es ja inzwischen Mittel und Wege, trotzdem ein paar Worte an Sie zu richten.

Das ist mir sehr wichtig, denn die Themen, über die Sie alle in den kommenden Tagen reden und sich austauschen wollen, sind entscheidend für unser gemeinsames Ziel eines toleranten und weltoffenen Europas ohne Diskriminierung.

Oftmals bin ich einfach fassungslos, mit welchen Vorurteilen Homosexuelle heute immer noch zu kämpfen haben. Die Diskriminierung hier in Deutschland ist selten offen und aggressiv. Sie läuft meist sehr subtil und ist dadurch oft besonders verletzend.

Es gibt sie leider immer noch – die Vorurteile.

Gerade in Bezug auf die Ausbildung unserer Kinder in den Schulen gibt es viele verstörende Diskussionen – auch hier in Deutschland. In einem Bundesland gibt es aktuell doch tatsächlich eine Debatte darüber, ob das Thematisieren von sexueller Vielfalt im Rahmen des Sexualkundeunterrichts dazu führen könnte, dass man Jugendliche zu Homosexuellen „erzieht“.

Sie sehen wie wichtig es ist, dass bei Ihnen in diesem Jahr die Frage im Mittelpunkt steht, wie gesellschaftliche Vielfalt auch in Schulen besser gelingen kann.

Kinder von Regenbogenfamilien haben es in der Schule oft schwerer, weil ihre Eltern anders leben als die ihrer Klassenkameraden. Sie begegnen Vorurteilen, Ausgrenzung und überforderten Lehrerinnen und Lehrern.

In Lehrplänen kommt ihre Lebenswirklichkeit nicht vor. Familien in Lehrbüchern bestehen meist noch aus Mutter, Vater, Kind. Gerade in Schulen müssen aber die Grundsteine für Offenheit, Anerkennung und Toleranz gelegt werden. Unsere Gesellschaft ist bunt, ist vielfältig. „Anders“ sein muss endlich normal werden, dann ist auch für Ausgrenzung kein Platz mehr.

Aber: Bis das erreicht ist, ist noch ein langer Weg zu gehen. Viele von Ihnen kommen aus Ländern, in denen die Gleichstellung von homosexuellen Lebensweisen noch nicht so weit vorangeschritten ist, weder rechtlich noch gesellschaftlich.

Sie erleben Diskriminierung im Alltag, Anfeindungen und sogar Gewalt. Das ist extrem verstörend im Europa des 21. Jahrhunderts. Auch und gerade für Ihre Kinder ist das schwer.

Ich finde es toll, dass Sie hier in den nächsten Tagen die Gelegenheit haben, sich über Ihre Erfahrungen auszutauschen. Welche Erfahrungen machen Kinder aus Regenbogenfamilien heute in Europas Schulen? Was können wir voneinander lernen? Wie können wir einander unterstützen und langfristig mehr Vielfalt in den Schulen Europas verankern?

Die nächsten Tage bieten eine gute Gelegenheit, neue Perspektiven zu gewinnen und Allianzen zu bilden. Und es kann helfen zu hören, dass man nicht allein ist, dass Partner und Freunde da sind.

Gemeinsam müssen wir dafür kämpfen, dass Regenbogenfamilien in ganz Europa als Normalität und Realität anerkannt werden.

Für mich ist klar: Wo Kinder geliebt werden, wachsen sie auch gut auf. Und wo Kinder sind, da ist Familie.

Die sexuelle Orientierung der Eltern ist dabei nicht entscheidend.

Eltern wünschen sich nichts mehr, als ihren Kindern die Liebe und Geborgenheit zu geben, die sie brauchen, um gut aufzuwachsen. Diesen Wunsch haben auch viele gleichgeschlechtliche Paare, die sich mit viel Zeit und Energie der Erziehung ihrer Kinder widmen.

Jede zweite lesbische Frau und jeder dritte schwule Mann kann sich ein Leben mit Nachwuchs vorstellen; mehr als siebentausend minderjährige Kinder leben in Deutschland bereits heute bei gleichgeschlechtlichen Paaren.

Diese Familien verdienen in ganz Europa gesellschaftliche Anerkennung und Unterstützung.

Auch in Deutschland will ich weiter vorankommen. Erste Schritte sind wir schon gegangen, aber die reichen noch nicht. Zukünftig können Schwule und Lesben ein von ihrem  Lebenspartner adoptiertes Kind ebenfalls adoptieren.

Zur Verbesserung der gesellschaftlichen Toleranz und Akzeptanz gegenüber Regenbogenfamilien soll auch der bestehende „Nationale Aktionsplan der Bundesrepublik Deutschland zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und darauf bezogene Intoleranz“ um das Thema Homo- und Transphobie erweitert werden.

Aber: Mir ist wichtig, dass wir den Kampf für Vielfalt und Toleranz auf der rechtlichen Ebene aber eben auch auf der kulturellen Ebene führen.

Eine tolerante und weltoffene Gesellschaft entsteht ja nicht per Gesetz. Sie entsteht durch das Miteinander von Menschen. Es ist eine Frage der Haltung einer Gesellschaft. Diese Haltung ist es, die zu einem Klima der Offenheit führen muss. Da ist jede und jeder gefragt.

Die Vielfalt der Menschen ist so bunt wie der Regenbogen. Auch ihre Lebensentwürfe sind ganz verschieden. Jeder soll leben, wie er will. Jede soll lieben, wen sie will. Jeder soll sein, wie er ist. Ob schwul oder lesbisch, ob hetero‑, bi- oder transsexuell.

Überall dort wo Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung benachteiligt, angefeindet, schief angeschaut oder gar angegriffen werden, besteht Handlungsbedarf – in Deutschland, in Ihren Heimatländern, in ganz Europa.

Überall sollen Kinder frei von Benachteiligung und Anfeindungen aufwachsen können.

Ich werde dabei aktiv und engagiert mithelfen.

Ich wünsche Ihnen allen in den kommenden Tagen gute Gespräche, interessante Begegnungen, neue Blickwinkel und Anregungen.

Alles Liebe und Gute für Sie und Ihre Familien.

Viel Spaß und Erfolg Ihnen allen hier in Köln!

Ich habe einen Wunsch: Lassen Sie uns gemeinsam engagiert für ein modernes und weltoffenes Europa streiten, in dem Homophobie, Diskriminierung und Ausgrenzung keinen Platz mehr haben.

 



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