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Einstandsgemeinschaft im Pfarrhaus

 EKD beschließt Pfarrdienstgesetz

Im November hat die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) erstmals ein einheitliches Pfarrdienstgesetz verabschiedet. Das ist auch lesben- und schwulenpolitisch von Bedeutung. Schließlich ist in den letzten Jahren in so manches Pfarrhaus die lesbische Pfarrerin mit ihrer Frau eingezogen, wirkt in so mancher Gemeinde der schwule Pastor, unterstützt von seinem Mann.

Und lesbische Pfarrerinnen und schwule Pfarrer waren vom Entwurf für das Pfarrdienstgesetz höchst alarmiert. Einige wandten sich an den LSVD um Unterstützung. Der Entwurf wollte nämlich vorschreiben: “In ihrer Amtsführung haben Pfarrerinnen und Pfarrer das Leitbild von Ehe und Familie zu vertreten.” In der Begründung hieß es dazu weiter: “Pfarrerinnen und Pfarrer haben schon im Hinblick auf die von ihnen vorzunehmenden Trauungen in ihrer Amtsführung das Leitbild von Ehe und Familie nach evangelischem Verständnis zu vertreten. Dies gilt unabhängig davon, ob sie selbst verheiratet sind. Andere Lebensgemeinschaften dürfen nicht zum Gegenstand der Verkündigung gemacht oder als der Ehe gleichstehend propagiert werden.”

Der LSVD schrieb daraufhin an den amtierenden Ratsvorsitzenden der EKD, Präses Nikolaus Schneider, und an die Präses der Synode der EKD, die Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt. Wir argumentierten, dass sich lesbische Pfarrerinnen und schwule Pfarrer durch die zitierten Aussagen in ihrer Lebensführung missachtet und von ihrer Kirche zurückgestoßen fühlen und mahnten an, im neuen Pfarrdienstgesetz eine Formulierung zu finden, die evangelische lesbische Christinnen und schwule Christen nicht ausgrenzt.

Die hat die Synode der EKD nun tatsächlich gefunden. Der Entwurf wurde an dieser Stelle gründlich umgearbeitet. Die diskriminierenden Äußerungen gegenüber lesbischen Pfarrerinnen und schwulen Pfarrern entfielen. Jetzt heißt es im beschlossenen § 39 des Pfarrdienstgesetzes: “Pfarrerinnen und Pfarrer sind auch in ihrer Lebensführung im familiären Zusammenleben und in ihrer Ehe an die Verpflichtungen aus der Ordination (…) gebunden. Hierfür sind Verbindlichkeit, Verlässlichkeit und gegenseitige Verantwortung maßgebend.”

Die Begründung führt dazu aus, dass der Ehe, “die letztlich anderen verbindlichen Lebensformen als Modell zugrunde liegt”, als Bezugspunkt zwar “eine besondere Bedeutung” zukomme und diese auch die am häufigsten gelebte Lebensform im Pfarrhaus sei. Man habe aber zusätzlich den Begriff “familiäres Zusammenleben” daneben gestellt und diesen “bewusst weit gewählt”. Er umfasse “nicht nur das generationsübergreifende Zusammenleben, sondern jede Form des rechtsverbindlich geordneten Zusammenlebens von mindestens zwei Menschen, das sich als auf Dauer geschlossene, solidarische Einstandsgemeinschaft darstellt.” Damit sind auch Eingetragene Lebenspartnerschaften einbezogen. Die neue Bestimmung ermögliche – so weiter in der Begründung — “den Gliedkirchen und gliedkirchlichen Zusammenschlüssen insbesondere, ihre jeweilige, häufig in engagierten Diskussionen errungene Praxis zum Umgang mit Eingetragenen Lebenspartnerschaften ohne erneute Diskussion fortzusetzen.”

Es bleibt also alles beim alten? Nicht ganz, denn das Pfarrdienstgesetz wurde einstimmig auf der Synode beschlossen. Diejenigen Mitgliedskirchen der EKD, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften anerkennen, tun dies nun mit dem ausdrücklichen Segen der anderen, die bislang damit Schwierigkeiten hatten. In den konservativeren Mitgliedskirchen bietet das neue Pfarrdienstrecht damit eine bessere Ausgangsposition für langfristige Veränderungen. Und auf alle Fälle konnte ein schwerer Backlash abgewendet werden. Ein Riesenschritt nach vorne ist das neue Pfarrdienstrecht für die Anerkennung lesbischer und schwuler Paare zwar nicht, aber immerhin eine pragmatische, sanft vorwärts weisende und damit ziemlich evangelische Entscheidung.

Günter Dworek, LSVD-Bundesvorstand



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