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Jugendaustausch “For our Rainbow Future“ geht in Tirana weiter

Für die LSBTI-Aktivist*innen von morgen organisieren wir das internationale Jugendaustauschprogramm „For our Rainbow Future“. An drei einwöchigen Trainings in Berlin, Paris und Tirana nehmen jeweils acht junge LSBTI-Aktivist*innen aus Deutschland, Frankreich und dem Westbalkan teil. Gestern begann in Tirana (Albanien) die Phase II unseres Projektes. Vergangenen Juli hatten wir mit 24 jungen LSBTI-Aktivi*stinnen aus Deutschland, Frankreich und dem Westbalkan in Berlin ein eng gestricktes Wochenprogramm mit Workshops und Terminen absolviert. Nunmehr entwickeln wir in Albanien Projektideen zur Umsetzung eines LSBTI-Sommercamps oder einer online Plattform zum Austausch über Beispiele guter Praxis und die Situation in den jeweiligen Ländern. Ab Donnerstag nehmen wir dann an der Jahreskonferenz unserer regionalen Partnerorganisation LGBTI Equal Rights Association ERA teil. 

Kreshnik Loka stellte uns gestern die Arbeit des Regional Youth Cooperation Office RYCO vor. Die vor zweieinhalb Jahren auf Anregung von Bundeskanzlerin Merkel gegründete regionale Organisation unterstützt Phase II unseres Austauschprojektes. Das Berlin-Programm wurde vom Deutsch-Französischen Jugendwerk unterstützt. RYCO regt den regionalen Jugendaustausch auf dem Westbalkan an und zielt nach den Kriegen der 1990er Jahre auf die langfristige Aussöhnung zwischen ehemaligen Kriegsgegnern. Vorbild ist die deutsch-französische Aussöhnung. 

Über 4000 Jugendliche konnten bislang in Austauschprogramme eingebunden werden. Im Mittelpunkt steht capacity building für die Jugendlichen, für Nichtregierungsorganisationen und für junge Lehrkräfte. RYCO kooperiert auch mit Schulen; besondere Bedeutung kommt hier den Lehren aus der Vergangenheit und dem Geschichtsunterricht zu. Voraussetzung für Kooperationen ist immer, dass mindestens zwei Länder der Region beteiligt sind.

Mehr als 400 Projektanträge sind bislang bei RYCO eingegangen, nur zehn Prozent konnten bewilligt werden. Die mittelgroßen Projekte haben einen Umfang von 10.000 bis 35.000 Euro. Voraussetzung ist eine Eigenbeteiligung von beantragenden Organisationen in Höhe von fünf bis fünfundzwanzig Prozent.

Ein Novum für die Region ist der Aufbau von RYCO. Der sogenannte geschäftsführende Vorstand (governing board) besteht aus zwölf Personen, zwei Vertreter*innen pro Land bzw. Vertragspartner*innen wie es bei RYCO aus politischen Gründen heißt. Die zwölf Personen sind die sechs für Jugendfragen zuständigen Minister*innen und jeweils sechs Vertreter*innen der Zivilgesellschaften Albaniens, Bosnien-Herzegowinas, Montenegros, Nordmazedoniens, Serbiens und des Kosovo. Kroatien und Slowenien sind noch nicht Mitglied bei RYCO. Der beratende Beirat (advisory board) besteht aus 18 Expert*innen aus der Region.

Hauptsitz von RYCO ist in Tirana, und in jeder der sechs Hauptstädte gibt es eine lokale Vertretung, die Anlaufstelle für an Kooperation interessierte Organisationen ist. Kreshnik Loka leitet das lokale RYCO-Büro in Tirana. Finanziert wird RYCO zu 50 Prozent von den Regierungen des Westbalkans. Die fehlenden 50 Prozent wirbt RYCO bei multilateralen Organisationen wie EU, OSZE, Europarat oder bei nationalen Regierungen (Deutschland, Frankreich, Norwegen u.a.) ein. 

Der EU-Integration des Westbalkans kommt bei Fragen des regionalen Austausches, der Aussöhnung und der Rechtsentwicklung in den jeweiligen Ländern eine besondere Rolle zu. Kein Wunder, dass sich einige der die jungen Aktivist*innen aus dem Westbalkan besonders enttäuscht zeigten über die Entscheidung der Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten, die Mitte Oktober die Aufnahme von Beitrittsgesprächen für Albanien und Nordmazedonien ablehnten, obwohl die beiden Länder viele der Auflagen erfüllt haben. Nordmazedonien hat nach einem Vergleich mit Griechenland gar den Landesnamen geändert.

Klaus Jetz
Geschäftsführer des LSVD Bundesverbands



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