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Das Wirken des LSVD strahlt auch über ihre Projekte mit St. Petersburg in die Jugendverbandsarbeit allgemein hier in Hamburg aus”

Senatorin Dr. Melanie Leonhard_Fotograf Christian BittcherDokumentation des Grußwortes von Hamburgs Senatorin Dr. Melanie Leonhard (Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration) zur Eröffnung des Regenbogenparlaments “Akzeptanz von LSBTI* in Jugendarbeit und Bildung” an der Universität Hamburg am 07. September 2019.

 

Sehr geehrte Frau Mansberg,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

wir sind heute hier zusammengekommen, um für Respekt und Akzeptanz von LSBTI* in der Jugendarbeit einzutreten. Das Recht auf individuelle Persönlichkeitsentwicklung ist zwar in der Kinderrechtskonvention und im SGB VIII verankert, dennoch erfahren LSBTI*-Jugendliche häufig Respektlosigkeiten und Ausgrenzung.

Unsere Gesellschaft ist noch sehr geprägt von der Vorstellung der Zwei-Geschlechtlichkeit. Wir erlernen sie bereits als Kleinkinder. Wir eignen uns die Anforderungen und Zuschreibungen – die mit der jeweiligen Geschlechterrolle verbunden sind – an. Wir erfahren die Heterosexualität als gesellschaftliche Norm.

Kinder und Jugendliche, die sich nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnen können oder wollen, sind oftmals Diskriminierungen ausgesetzt. Dies kann zu starken psychischen Belastungen führen – insbesondere wenn sie dabei von ihrem sozialen Umfeld wenig Unterstützung erfahren.

Vor diesem Hintergrund fördern wir als Senat die Akzeptanz von LSBTI*-Jugendlichen in unseren Hamburger Kinder- und Jugendeinrichtungen.

Im Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit und der Jugendsozialarbeit fördern wir auf Basis des Landesförderplans Familie- und Jugend überregionale Angebote, die

a.  Kinder und Jugendliche bei der Entwicklung eines positiven Selbstbildes unabhängig von Geschlechter-Stereotypen unterstützen und

b.  die vielfältige Rollenbilder und unterschiedliche Lebensweisen akzeptieren und fördern.

Uns geht es darum, dass geschlechterreflektierende Arbeit auch in den Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit ihren festen Platz hat. Fachkräfte sollen Kinder und Jugendliche unabhängig von Geschlechterzuschreibungen, und zwar entsprechend ihrer Fähigkeiten und Interessen, unterstützen.

Regenbogenparlament 2019 - Senatorin Dr. Melanie Leonhard © LSVD / Foto: Caro KadatzUm Fachkräften Hilfestellungen und Anregungen zu geben, haben wir die Broschüre „Umgang mit Vielfalt – Benachteiligungen entgegenwirken“ aufgelegt. Sie hilft, den eigenen pädagogischen Alltag zu reflektieren, Diskriminierungen wahrzunehmen und abzubauen und Vielfaltskriterien vor Ort umzusetzen.

Und wo stehen wir im Bereich der expliziten LSBTI*Angebote?

In Hamburg stellen das Magnus-Hirschfeld-Centrum e.V. (kurz mhc) und der Lesbenverein Intervention Angebote in Hamburg bereit. Beide Einrichtungen – mhc-Jugendarbeit und JungLesbenZentrum – tragen in Hamburg mit dem Netzwerk „Queere Vernetzung Hamburg“ maßgeblich dazu bei, insbesondere pädagogische Fachkräfte für das Thema LSBTI* zu sensibilisieren. Im Vordergrund steht dabei die Dimension der sexuellen Orientierung bzw. geschlechtlichen Identität.

Dem Aktionsplan des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg für Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt ist es zu verdanken, dass 2017 insgesamt 90 Maßnahmen beschlossen wurden. Sie folgen alle dem übergeordneten Ziel, dass „In Hamburg alle Menschen jeder geschlechtlichen Identität und jeder sexuellen Orientierung gleiche Anerkennung und Teilhabe erfahren sollen und selbstbestimmt leben können“.

Die Maßnahmen für die Kinder- und Jugendarbeit konzentrieren sich auf die Fachkräftequalifizierung, die Einrichtungskonzeptionen und die Informationsweitergabe. Wir wissen, dass pädagogische Fachkräfte für Kinder und Jugendliche bedeutsame Wegbegleiterinnen und ‑begleiter sind.

Unser Sozialpädagogisches Fortbildungszentrum bietet in puncto Diversity und Gender vier feste Fort- bzw. Weiterbildungsformate:

  • Entwicklungsaufgabe Pubertät — auf der Suche nach der eigenen sexuellen und geschlechtlichen Identität;
  • Inklusion kultursensibel gestalten;
  • Was ist los mit den wilden Kerlen?“;
  • Weiterbildung Sexualpädagogik für Krippe und Kita.

Neben diesen gut nachgefragten Qualifizierungen, ermöglicht das Institut individuell zugeschnittene Fortbildungen. Wir haben aber die Erfahrung gemacht, dass Bedarfsmeldungen zu den Themen Gender und Mädchenarbeit selten sind. Anders ist es bei Fortbildungen zur Jungenarbeit und zur sexuellen Orientierung, hier gibt es eine hohe Nachfrage. Vielleicht bietet diese Veranstaltung auch den Rahmen, Trends und Bedarfe in diesem Arbeitsfeld untereinander auszutauschen und Lösungen oder „best practice“-Beispiele zu identifizieren.

Last but not least sichern wir als Sozialbehörde die Informationsweitergabe durch die Internetseite „Mädchen, Jungen, Gender“. Kinder und ‑Jugendliche sowie deren Familien und auch Fachkräfte erhalten dort eine vielfältige Angebotsübersicht und verschiedenste Informationsmaterialien.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Die gefährlichste aller Weltanschauung ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.“ (Alexander von Humboldt). Deshalb möchte mich hier an dieser Stelle einmal ausdrücklich und sehr herzlich bedanken für die herausragenden und engagierten Beiträge des LSVD Hamburg für die internationale Jugendarbeit.

Die Projekte, die sie seit 2012 mit Ihren Partnern in St. Petersburg durchführen, eröffnen den angesprochenen jungen Menschen großartige Möglichkeiten, sich auch in einem anderen Land über die dortige Menschrechtssituation zu informieren und sehr eindringlich im direkten Kontakt zu erleben, wie groß der Wert ist, sich für Toleranz und Akzeptanz zu engagieren.

Zugleich lernen die Teilnehmenden Ihrer Begegnungen die Bedeutung grenzüberschreitender Solidarität zu schätzen. Ihre Partner und Freunde aus St. Petersburg haben es angesichts von erlebter gesellschaftlicher Repression oft nicht leicht. Sie sehen sich immer wieder Anfeindungen aus der Gesellschaft ausgesetzt und dann nicht immer hinreichend von staatlicher Seite unterstützt. In dieser Situation wissen Ihre Petersburger Partner die Solidarität zu schätzen, die sie hier aus Hamburg von Ihnen erfahren. Hierfür gilt mein besonderer Dank!

Das Wirken des LSVD strahlt auch über ihre Projekte mit St. Petersburg in die Jugendverbandsarbeit allgemein hier in Hamburg aus. Insgesamt öffnen sich die Jugendverbände Ihren Themen:

  • Der Arbeitskreis der Bildungsreferentinnen und ‑referenten in den Hamburger Jugendverbänden hat sich bei der Sitzung im März 2019 im Schwerpunktthema über LSBTI* informiert. Hierzu waren auch Vertreterinnen und Vertreter vom JungLesbenZentrum von Intervention e. V. und vom Magnus-Hirschfeld-Centrum e.V. eingeladen.
  • Im April hatte die Fachberatung Jugendverbandsarbeit der Sozialbehörde gemeinsam mit den Bildungsreferentinnen und ‑referenten einen Fachtag zum Thema „Diversitätsbewusste Jugendarbeit“ für die Hamburger Jugendverbände ausgerichtet.

Ich freue mich, dass Sie hier heute ein Forum geschaffen haben, das Thema „Akzeptanz von LSBTI* in der Jugendarbeit und in der Bildung“ breit miteinander zu diskutieren. Ihre Fachtagergebnisse sind uns wichtig. Ich danke Ihnen für ihr außerordentliches Engagement. Vielen Dank!

(Es gilt das gesprochen Wort)

Senatorin Dr. Melanie Leonhard

Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration Hamburg



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