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Hirschfeld-Eddy-Stiftung

Deutsche Übersetzung von Hillary Rodham Clinton’s Rede vor dem UNO Menschenrechtsrat in Genf

 
 

US-Außenministerin HILLARY CLINTON: Guten Abend, ich fühle mich zutiefst geehrt und es freut mich sehr hier zu sein. Ich möchte Generaldirektor Tokayev und Frau Wyden und allen anderen Ministern, Botschaftern, Würdeträgern und Partnern der UNO danken. Dieses Wochenende werden wir den Tag der Menschenrechte feiern, das Jubiläum einer der größten Errungenschaften des letzten Jahrhunderts.
Anfang 1947 haben sich Abgesandte von sechs Kontinenten darauf geeinigt, eine Erklärung zu entwerfen, welche die grundlegenden Rechte und Freiheiten aller Menschen auf dieser Erde darlegt. In den Nachwehen des Zweiten Weltkrieges haben viele Nationen auf eine solche Erklärung gedrängt, um zukünftige Grausamkeiten zu verhindern und die grundlegende Menschlichkeit und Würde der Menschen zu schützen. Die Abgesandten begannen mit der Arbeit. Sie diskutierten, sie schrieben, sie hinterfragten, schrieben neu — über tausende von Stunden — und sie haben Vorschläge und Änderungen von Regierungen, Organisation und Einzelpersonen eingearbeitet.
Am 10. Dezember 1948, um drei Uhr morgens, nach fast zwei Jahren Arbeit und nach einer langen Nacht voller Diskussionen, rief der Direktor der UN-Generalversammlung zur Abstimmung über den endgültigen Text auf. 48 Nationen waren dafür, acht enthielten sich der Stimme und keine war dagegen. Und so wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte angenommen. Sie vertritt eine einfache aber kraftvolle Idee: Jeder Mensch wird frei und mit gleichen Rechten und Würde geboren. Mit dieser Erklärung wurde auch klar, dass diese Rechte nicht vom Rechtsstaat vergeben werden; es sind die Geburtsrechte eines jeden Menschen. Unabhängig davon, in welchem Land wir wohnen, welche Führer wir haben oder sogar wer wir sind. Weil wir Menschen sind, haben wir diese Rechte. Und weil wir diese Rechte haben, ist der Staat verpflichtet, sie zu beschützen.
Seit vor 63 Jahren die Erklärung der Menschenrechte angenommen wurde, haben viele Nationen große Fortschritte darin gemacht, die Menschenrechte in die Realität umzusetzen. Schritt für Schritt sind die Schranken gefallen, die Menschen daran hinderten, ihre volle Freiheit, ihre volle Würde und ihre volle Menschlichkeit zu genießen. Vielerorts wurden rassistische Gesetze widerrufen, soziale und legale Hürden, welche Frauen zu Menschen zweiter Klasse machten, wurden abgeschafft, und religiöse Minderheiten bekamen das Recht, ihren Glauben sicher und frei auszuüben.
In vielen Fällen war der Kampf um diesen Fortschritt nicht einfach. Menschen haben im Stillen und in der Öffentlichkeit gekämpft, sich organisiert und demonstriert, um nicht nur die Gesetze zu ändern, sondern auch die Herzen und Gedanken. Dank der Arbeit von Generationen sind jetzt Menschen, die vorher in der Ausgrenzung gelebt haben, endlich frei, um zu leben und mehr am politischen, wirtschaftlichen und sozialen Leben ihrer Gemeinden teilzunehmen.
Auch noch heute, wie Sie alle wissen, muss immer noch mehr dafür getan werden, dieses Versprechen, diese Realität und den Fortschritt aller Menschen zu sichern. Heute möchte ich über die Arbeit sprechen, die wir noch vor uns haben, um eine Gruppe von Menschen zu schützen, der die Menschenrechte bis heute in zu vielen Teilen der Welt verwehrt bleibt. In vielerlei Hinsicht ist es eine unsichtbare Minderheit. Sie werden verhaftet, geschlagen, terrorisiert und sogar hingerichtet. Viele werden von ihren Mitmenschen mit Geringschätzung und Gewalt behandelt, während die Behörden, die die Macht haben, sie zu beschützen, wegschauen oder, zu oft, an den Misshandlungen teilhaben. Man verweigert ihnen Gelegenheiten, zu arbeiten und zu lernen, sie werden aus ihrer Heimat und ihren Ländern verjagt und sind gezwungen, sich selbst zu leugnen oder zu unterdrücken, um sich selbst vor Leid zu schützen.
Ich spreche über Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender (LSBT); Menschen, die frei und bedacht mit Gleichheit und Würde geboren wurden, die ein Recht darauf haben. Sie sind eine der letzten Menschenrechtsherausforderungen unserer Zeit. Ich spreche über dieses Thema in dem Wissen, dass mein eigenes Land keine weiße Weste hat, was die Menschenrechte von Homosexuellen angeht. Bis 2003 war es in Teilen unseres Landes noch ein Verbrechen. Viele US-amerikanische LSBT haben in ihrem Leben Gewalt und Schikanierungen erlebt, und für einige, auch junge Menschen, sind Mobbing und Ausgrenzung eine tägliche Erfahrung. So haben auch wir, wie alle Nationen, noch viel Arbeit vor uns, um die Menschenrechte bei sich zu schützen.
Ich weiß, dass dieses Thema für viele Leute sensibel ist und die Hindernisse für den Schutz der Menschenrechte von LSBT persönlicher, politischer, kultureller und religiöser Natur sind. Deshalb trete ich mit Respekt, Verständnis und Demut vor diese Versammlung. Auch wenn der Fortschritt hier nicht einfach ist, dürfen wir nicht zögern, zu handeln. In diesem Gedanken möchte ich über die schwierigen und wichtigen Themen sprechen, die wir gemeinsam angehen müssen, um zu einer globalen Übereinkunft zu gelangen, der den weltweiten Schutz der Menschenrechte von LSBT anerkennt.
Der erste Punkt führt direkt in die Mitte des Sachverhalts. Manche haben vorgeschlagen, dass Menschenrechte und Homosexuellenrechte unterschiedlich und nicht gleichzustellen seien. Aber tatsächlich sind sie ein und dasselbe. Natürlich haben vor 60 Jahren diejenigen, die die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte geschrieben und verabschiedet haben, nicht daran gedacht, wie diese für die LSBT-Community zur Anwendung kommt. Sie haben auch nicht daran gedacht, wie ihre Erklärung indigene Völker oder Kinder oder Behinderte oder andere marginalisierte Gruppen betrifft. Doch, in den 60 letzten Jahren, haben wir erkannt, dass Angehörige dieser Gruppen auch ein Anrecht auf das ganze Maß an Würde und Rechten haben, weil sie, wie alle anderen Menschen, eine gemeinsame Menschlichkeit teilen.
Diese Anerkennung hat nicht mit einem Mal stattgefunden, sondern hat sich mit der Zeit entwickelt. In diesem Prozess haben wir gemerkt, dass wir die Rechte achten, welche die Menschen schon immer hatten und keineswegs neue oder spezielle Rechte für sie erschaffen. Genau wie eine Frau zu sein, einer bestimmten ‚Rasse’, einer religiösen oder ethnischen Minderheit anzugehören, macht auch lsbt zu sein jemanden nicht weniger menschlich. Und deshalb sind Homosexuellenrechte Menschenrechte und Menschenrechte sind Homosexuellenrechte.
Es ist eine Verletzung der Menschenrechte, wenn Menschen geschlagen oder getötet werden, nur aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder weil sie nicht der kulturellen Norm entsprechen, wie Männer oder Frauen aussehen oder sich verhalten sollten. Es ist eine Verletzung der Menschenrechte, wenn Regierungen Homosexualität als gesetzeswidrig deklarieren, oder Menschen, die Homosexuellen schaden, ungestraft davonkommen lassen. Es ist eine Verletzung der Menschenrechte, wenn lesbische oder transsexuelle Frauen Opfer von sogenannten „heilenden“ Vergewaltigungen oder zu Hormontherapien gezwungen werden, oder wenn nach Aufrufen zu Gewalt gegen Homosexuelle Menschen umgebracht werden, oder wenn sie gezwungen werden, ihre Länder zu verlassen und Asyl in anderen Ländern zu ersuchen, nur um am Leben zu bleiben. Und es ist eine Verletzung der Menschenrechte, wenn Menschen lebensrettende Maßnahmen verwehrt werden, weil sie homosexuell sind, oder sie keinen gleichberechtigten Zugang zum Gesetz haben, oder öffentliche Plätze für sie tabu sind. Egal wie wir aussehen, woher wir kommen, oder wer wir sind, wir alle haben einen Anspruch auf unsere Menschenrechte und unsere Würde.
Der zweite Punkt ist die Frage, ob Homosexualität aus einem speziellen Teil der Welt kommt. Manche glauben, dass es ein westliches Phänomen ist und daher von Menschen, die nicht aus dem Westen sind, berechtigterweise abgelehnt werden kann. In Wirklichkeit werden Homosexuelle in jeder Gesellschaft geboren und gehören ihr an. Sie sind Angehörige aller Altersgruppen, aller ‚Rassen’ aller Glaubensrichtungen. Sie sind Ärzte und Lehrer, Bauern und Banker, Soldaten und Athleten. Und auch wenn wir es nicht wissen oder anerkennen, sie sind unsere Familie, unsere Freunde und unsere Nachbarn.
Homosexualität ist keine Erfindung des Westens. Es ist eine menschliche Wirklichkeit. Und die Rechte aller Menschen, ob homo- oder heterosexuell, zu schützen, ist nicht nur etwas, was westliche Regierungen tun. Die Verfassung von Südafrika, welche nach der Zeit der Apartheid geschrieben wurde, beschützt die Gleichstellung aller Menschen, inklusiver Schwule und Lesben. In Kolumbien und Argentinien sind die Rechte Schwuler und Lesben auch gesetzlich geschützt. In Nepal hat der Oberste Gerichtshof beschlossen, dass LSBT die gleichen Rechte haben. Die Regierung der Mongolei will ein neues Gesetz gegen Diskriminierung von Homosexuellen verfassen.
Einige geben zu bedenken, dass nur reiche Länder den Luxus haben die Menschenrechte von LSBT zu beschützen. Aber faktisch verursacht der fehlende Schutz in allen Ländern Kosten: homo- und heterosexuelle Leben gehen an Krankheit und Gewalt verloren, Stimmen und Ansichten, die die Gemeinschaft stärken würden, verstummen, Ideen werden nicht umgesetzt, weil Urheber zufällig homosexuell sind. Es gibt immer Kosten, wenn eine Gruppe mit weniger Wert behandelt wird, ob es sich nun um Frauen oder ethnische oder religiöse Minderheiten oder LSBT handelt. Der Ex-Präsident Mogae von Botswana hat darauf hingewiesen, dass es keine effiziente öffentliche Bekämpfung von HIV und AIDS geben kann, solange LSBT ins Abseits gedrängt werden. Und das gilt auch für andere Herausforderungen.
Der dritte und wohl schwierigste Punkt ist, wenn Personen religiöse oder kulturelle Werte als Grund dafür angeben, die Menschenrechte von LSBT zu missachten oder nicht zu schützen. Das gleicht der Rechtfertigung für die Gewalttaten an Frauen, wie etwa Ehrenmorde, Witwenverbrennung oder weibliche Genitalverstümmelung. Manche Menschen verteidigen solche Taten als Teil ihrer kulturellen Tradition. Aber Gewalt gegen Frauen ist keine Kultur. Es ist ein Verbrechen. Genauso wie die Sklaverei, die einst als von Gott gebilligt angesehen wurde, jetzt zu recht geschmäht und eine skrupellose Verletzung der Menschenrechte ist.
In jedem dieser Fälle haben wir gelernt, dass kein Brauch oder keine Tradition, die Menschenrechte übertrumpft, die uns allen gehören. Und das stimmt auch hinsichtlich der Gewalt an LSBT, der Kriminalisierung ihrer Stellung oder ihres Verhaltens, ihres Ausschluss aus ihren Familien und Gemeinden oder die stille oder öffentliche Akzeptanz ihrer Ermordung.
Natürlich ist anzumerken, dass religiöse und kulturelle Traditionen und Lehren selten in Konflikt mit dem Schutz der Menschenrechte stehen. In der Tat sind unsere Religionen und unsere Kulturen Quellen von Mitgefühl und Inspiration gegenüber unseren Mitmenschen. Es waren nicht nur die Befürworter der Sklaverei, die religiöse Argumente anführten, sondern auch ihre Gegner. Und lasst uns nicht vergessen, dass unser Bekenntnis zum Schutz der Religionsfreiheit und die Verteidigung der Menschenwürde von LSBT aus der gleichen Quelle kommen. Für viele von uns ist der Glaube und dessen Ausübung eine wichtige Quelle der Bedeutung und Identität, und fundamental für das, was uns zu Menschen macht. Und genauso ist für die meisten die liebevolle Bindung mit ihrer Familie eine wichtige Quelle für Lebenssinn und Identität. Für andere zu sorgen ist ein Ausdruck dessen, was es bedeutet, Mensch zu sein. Weil die menschliche Erfahrung universal ist, sind die Menschenrechte universal und überschreiten alle Religionen und Kulturen.
Viertens lehrt uns die Geschichte, wie wir Fortschritte hinsichtlich der Menschenrechte für alle machen. Fortschritt beginnt mit ehrlicher Diskussion. Es gibt einige, die glauben und behaupten, dass alle Homosexuellen pädophil sind, dass Homosexualität eine Krankheit ist, die ansteckend ist und geheilt werden kann, oder dass Homosexuelle andere Personen zur Homosexualität verführen. Nun, diese Ansichten sind einfach nicht wahr. Sie verschwinden auch nicht, wenn wir die Menschen, die diese Ansichten vertreten, nicht ernst nehmen statt sie einzuladen, ihre Ängste und Bedenken mit uns zu teilen. Bis jetzt hat noch niemand seine Meinung verworfen, nur weil er dazu gezwungen wurde.
Die allgemeinen Menschenrechte enthalten die Freiheit zur Meinungsäußerung und die Glaubensfreiheit, auch wenn diese Worte oder dieser Glaube die Menschlichkeit anderer verunglimpfen. Jedoch auch wenn wir frei sind, zu glauben, was wir wollen, können wir nicht tun, was wir wollen – nicht in einer Welt, in der wir die Menschenrechte aller schützen.
Um ein Verständnis für diese Angelegenheiten zu erreichen, braucht es mehr als eine Rede. Es braucht eine Unterhaltung. Faktisch braucht es eine Vielzahl von Unterhaltungen an großen und kleinen Orten. Und es braucht den Willen, in starken Unterschieden im Glauben einen Grund für den Beginn statt für den Abbruch eines Gesprächs zu sehen.
Fortschritt kommt durch Änderungen von Gesetzen. An vielen Orten, inklusive mein eigenes Land, ist der gesetzliche Schutz vor und nicht nach einer allgemeinen Anerkennung der Rechte entstanden. Gesetze haben einen lehrenden Einfluss. Gesetze, die diskriminieren, erlauben andere Formen der Diskriminierung. Gesetze, die allen gleichen Schutz gewähren, verstärken den moralischen Druck für Gleichstellung. Und ganz praktisch gesehen, ist es oftmals der Fall, dass Gesetze sich ändern müssen bevor sich die Ängste vor der Veränderung auflösen.
Viele in meinem Land dachten das Präsident Truman einen schweren Fehler beging, als er die Rassentrennung in unserer Armee aufhob. Sie behaupteten, dass es dem Zusammenhalt der Truppe schaden würde. Erst als er sich durchsetzte, wurde sichtbar, wie es das gesellschaftliche Gefüge verstärkte; auch auf eine Art, die die Unterstützer nicht vorhersehen konnten. Genauso gab es viele Bedenken zur Abschaffung von „Don’t ask, Don’t tell“, dass diese eine negative Auswirkung auf unser Militär haben würde. Ein Korpskommandant der Marine, der am stärksten dagegen war, sagte, dass seine Bedenken ohne Grund waren und die Marines den Wechsel bereitwillig angenommen hatten.
Zu guter Letzt: Fortschritt kommt von dem Willen, sich für einen Augenblick in den anderen hineinzuversetzen. Fragen wir uns: „Wie würde ich mich fühlen, wenn es ein Verbrechen wäre, die Person zu lieben, die ich liebe? Wie würde es sich anfühlen, wenn ich für etwas diskriminiert werde, das ich nicht ändern kann?“ Diese Herausforderung betrifft uns alle, wenn wir über unsere Glaubenssätze nachdenken, wenn wir an uns arbeiten, um Toleranz und Respekt für alle Menschen zu haben und wenn wir uns demütig mit anderen Menschen treffen, die nicht die gleiche Meinung teilen, in der Hoffnung ein größeres Verständnis zu erschaffen.
Die fünfte und letzte Frage ist, was wir dafür tun können, damit die ganze Welt für alle Menschen, inklusive LSBT, die Menschenrechte annimmt. Ja, LSBT müssen diese Bestrebung anführen, und auch viele von Ihnen. Ihr Wissen und ihre Erfahrungen sind unbezahlbar und ihr Mut inspirierend. Wir kennen die Namen von mutigen LSBT-Aktivisten, die im wahrsten Sinne des Wortes ihr Leben für diese Sache gegeben haben, und es gibt noch viel mehr Namen, welche wir nie kennen werden. Aber oftmals haben die Menschen, die keine Rechte haben, am wenigsten Macht, um eine Veränderung herbeizuführen. Wenn sie alleine handeln, können Minderheiten nie die für politischen Wandel notwendigen Mehrheiten erreichen.
Wenn irgendein Teil der Menschheit zur Seite geschoben wird, können wir nicht von der teilnahmslos zuschauen. Jedes Mal wenn eine Grenze dem Fortschritt gewichen ist, brauchte es gemeinsame Bemühungen von beiden Seiten der Grenze. Im Kampf für Frauenrechte ist die Unterstützung der Männer notwendig. Im Kampf für Rassengleichheit brauchte es die Mitwirkung aller ‚Rassen’. Der Kampf gegen Islamfeindlichkeit oder Antisemitismus ist eine Arbeit für die Menschen aller Glaubensrichtungen. Dasselbe gilt in diesen Kampf für Gleichstellung.
Wenn wir hingegen Menschenrechtsverletzungen oder Missbrauch sehen und nichts dagegen unternehmen, ist das ein Signal an die Täter, dass es keine Konsequenzen für ihre Handlungen gibt. Und so machen sie weiter. Aber wenn wir reagieren, schicken wir eine machtvolle, moralische Botschaft. Hier und jetzt, in Genf, hat die internationale Gemeinschaft dieses Jahr gehandelt, um die weltweite Anerkennung der Menschenrechte von LSBT zu stärken. Im März dieses Jahres haben im UN-Menschenrechtsrat 85 Länder aus allen Regionen eine Erklärung unterstützt, welche die Kriminalisierung und Gewalt gegen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität beenden soll.
In der darauffolgenden Versammlung des Rates im Juni hat Südafrika die Führung an einer Resolution gegen Gewalt an LSBT übernommen. Die Delegation aus Südafrika hat wortgewandt über ihre eigenen Erfahrungen und Anstrengungen für die Gleichstellung aller Menschen und deren Unteilbarkeit gesprochen. Als die Regelung angenommen wurde, wurde sie zur ersten UN-Resolution, welche die Menschenrechte von LSBT anerkannt hat. In der Organisation amerikanischer Staaten (OAS) hat dieses Jahr die interamerikanische Menschenrechtskommission eine Gruppe für LSBT-Rechte geschaffen, ein Schritt hin zur Einrichtung eines speziellen Berichterstatterpostens.
Wir müssen nun weitermachen, hier und in jeder Region der Welt, um die Unterstützung für die Menschenrechte von LSBT wachzurütteln. Die Regierungsführungen der Länder, in denen Menschen für ihre Homosexualität eingesperrt, geschlagen oder getötet werden, bitte ich, Folgendes in Betracht zu ziehen: Führung bedeutet wortgemäß an der Spitze eines Volkes zu stehen, wenn es notwendig ist. Es bedeutet, für die Würde all ihrer Bürger einzustehen und das eigene Volk davon zu überzeugen. Es bedeutet auch, sicherzustellen dass jeder Bürger vor dem Gesetz gleich ist. Um es klarzustellen – ich sage damit nicht, dass Schwule und Lesben keine Verbrechen begehen oder begehen können. Sie können und tun es, wie Heterosexuelle auch. Und wenn sie es tun, sollten sie zur Rechenschaft gezogen werden, aber es darf nie ein Verbrechen sein, homosexuell zu sein.
Zu den Menschen aller Länder sage ich, dass es auch in Eurer Verantwortung liegt, die Menschenrechte zu unterstützen. Die Leben von Schwulen und Lesben werden nicht nur durch Gesetze geprägt, sondern auch durch das tägliche Verhalten ihrer Familien und Nachbarn. Eleanor Roosevelt, die viel für die Förderung der Menschenrechte getan hat, hat einmal gesagt, dass diese Rechte an kleinen Orten in der Nähe des eigenen Zuhause beginnen – in den Straßen, wo Menschen leben, in den Schulen, die sie besuchen, in den Fabriken, Bauernhöfen und in den Geschäftsräumen, in denen sie arbeiten. Diese Orte gehören zu Eurem Einflussbereich. Alles was Sie machen, die Ideale, die Sie vertreten, bestimmen darüber, ob die Menschenrechte aufblühen, wo Sie gerade sind.
Zuletzt lassen Sie mich allen LSBT weltweit sagen: Wo auch immer Ihr lebt und was Eure Lebensumstände sind, ob Ihr Zugang zu einem Netzwerk habt, das Euch Halt gibt, ob Ihr Euch isoliert und verletzlich fühlt, Ihr müsst wissen, dass Ihr nicht allein seid. Menschen überall auf dieser Welt arbeiten hart daran, Euch Unterstützung zu geben und die Ungerechtigkeiten und Gefahren, die Ihr erleben müsst, zu beenden. Das gilt für mein Land. Und Ihr habt einen Verbündeten in den Vereinigten Staaten von Amerika und Ihr habt Millionen von Freunden in der US-Bevölkerung.
Die Obama-Administration verteidigt die Menschenrechte von LSBT als ein Teil ihrer Menschenrechtspolitik und als eine Priorität in unserer Außenpolitik. In unseren Botschaften, erheben unsere Botschafter Bedenken an speziellen Gesetzen und Fällen und arbeiten mit vielen Partnern zusammen, um die Menschenrechte zu stärken und zu schützen. In Washington haben wir im Außenministerium eine Arbeitsgruppe zusammengestellt, die diese Arbeit koordinieren wird. In den folgenden Monaten werden wir jede Botschaft mit einem Toolkit ausstatten, um ihre Ansrengungen zu verbessern. Und wir haben ein Programm geschaffen, welches Notfallhilfe für die Verteidiger von Menschenrechten von LSBT bereit stellt.
Heute Morgen hat Präsident Obama in Washington die erste US-Regierungsstrategie gestartet, welche gegen Menschenrechtsverletzungen an LSBT im Ausland zielt. Basierend auf Bestrebungen im Außenministerium und innerhalb der Regierung, hat der Präsident alle US-Regierungseinrichtungen weltweit dazu verpflichtet, die Kriminalisierung von LSBT zu bekämpfen, die Anstrengungen für den Schutz von gefährdeten LSBT-Flüchtlingen und Asylsuchenden zu verbessern, zu gewährleisten, dass unsere Unterstützung die Rechte von LSBT fördert, andere Internationale Organisation im Kampf gegen Diskriminierung anzuwerben und sofort gegen Misshandlungen an LSBT vorzugehen.
Es freut mich zu vermelden, dass wir einen neuen globalen Gleichstellungsfonds ins Leben gerufen haben, welcher zivilgesellschaftlichen Organisationen in aller Welt in ihrer Arbeit zu dieser Menschenrechtsthematik unterstützt. Dieser Fonds wird helfen, Fakten zu dokumentieren, damit sie lernen, für ihre Sache einzutreten, das Gesetz als Hilfsmittel einzusetzen, ihre Budgets unter Kontrolle zu halten, ihre Mitarbeiter zu schulen und Partnerschaften mit Frauenorganisationen und anderen Menschenrechtsgruppen schmieden zu können. Wir haben mehr als 3 Millionen US-Dollar für diesen Fonds zur Verfügung gestellt und hoffen, dass andere mithelfen und den Fonds unterstützen werden.
Die Frauen und Männern, die in einem feindlichen Umfeld für die Menschenrechte der LSBT-Community einstehen, einige sind heute unter uns, sind mutig und engagiert und verdienen jede Hilfe, die wir ihnen geben können. Wir wissen, dass der Weg, der vor uns liegt, nicht einfach wird. Wir haben viel Arbeit vor uns. Aber viele von uns haben schon selbst erlebt, wie schnell eine Veränderung passieren kann. Zu unseren Lebzeiten hat sich die Einstellung gegenüber Homosexuellen an vielen Orten verändert. Viele Menschen, ich inklusive, haben eine tiefere Überzeugung zu diesem Thema geformt, da wir stärker darüber nachgedacht haben, an Dialogen und Debatten teilgenommen haben, und persönliche und berufliche Beziehungen mit Menschen aufgebaut haben, die homosexuell sind.
Diese Entwicklung ist an vielen Orten offensichtlich. Um ein Beispiel zu geben: Das Hohe Gericht von Delhi hat Homosexualität von zwei Jahren entkriminalisiert und, ich zitiere, geschrieben: „Wenn es ein Grundsatzthema in der indischen Verfassung gibt, dann ist es Inklusivität“. Ich habe keine Zweifel, dass die Unterstützung für die Menschenrechte von LSBT weiter wachsen wird. Denn für viele junge Menschen ist es einfach: Alle verdienen es, mit Würde behandelt zu werden und dass ihre Menschenrechte respektiert werden, egal wer sie sind und egal wen sie lieben.
Es gibt einen Satz, den Menschen in den USA beschwören, wenn sie andere zur Unterstützung der Menschenrechte auffordern: „Sei auf der richtigen Seite der Geschichte.” Die Geschichte der Vereinigten Staaten ist die Geschichte einer Nation, die wiederholt mit Intoleranz und Ungleichheit zu kämpfen hatte. Wir haben einen Bürgerkrieg um die Sklaverei geführt. In der ganzen USA haben Menschen teilgenommen an Kampagnen für die Anerkennung der Rechte von Frauen, Indigenen, Rassenminderheiten, Kindern, Behinderten, Einwanderern, Arbeitern und so weiter. Und der Marsch Richtung Gleichstellung und Gerechtigkeit ging weiter. Die, die für die Ausweitung der Menschenrechte eintreten, waren auf der richtigen Seite der Geschichte, und die Geschichte ehrt diese Menschen. Diejenigen, die die Menschenrechte beschneiden wollten, lagen falsch, und die Geschichte zeigt uns auch dies.
Mir ist klar, dass die Gedanken, die ich heute mit ihnen geteilt habe, Fragen beinhalten, zu denen sich Meinungen noch entwickeln. Wie es schon früher so oft geschehen ist, wird die sich Überzeugung auch diesmal der Wahrheit nähern, der unumstößlichen Wahrheit, dass jeder Mensch frei geboren wird und gleich in Würde und Recht ist. Wir sind wieder aufgerufen, die Worte der Allgemeinen Menschenrechtserklärung wahr werden zu lassen. Lassen Sie uns diesen Ruf beantworten. Lassen Sie uns auf der richtigen Seite der Geschichte stehen, für unsere Völker, unsere Länder und die zukünftigen Generationen, deren Leben mit der Arbeit von heute geformt werden. Ich trete voller Hoffnung und Zuversicht vor Sie, dass, egal wie lang der Weg vor uns ist, wir ihn gemeinsam erfolgreich begehen werden. Ich danke Ihnen vielmals.

Link zur Originalrede

übersetzt von Thomas Iff, Schweiz

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