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Hirschfeld-Eddy-Stiftung

Selbstverpflichtung erforderlich

Aktionsplan nach dem Beispiel Schweden


Auch wenn es manchmal bestritten wird: In jedem Land gibt es Gruppen von Lesben, Schwulen, Transgender und Intersexuellen (LGBTI). Manche der Aktiven sind gut vernetzt, andere ar- beiten weitgehend im Verborgenen. Wer LGBTI inklusive Menschenrechtsarbeit machen will, könnte überall Ansprech- partner finden: für den Dialog mit der Zivilgesellschaft, zur Gewinnung von Informationen über die Länder oder auch, wenn es darum geht, Aktivistinnen und Aktivisten in die Arbeit auf UN-Ebene einzubeziehen.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat sich zum Ausbau der Menschenrechtsarbeit verpflichtet. In dem Strategiepapier „Menschenrechte in der deutschen Entwicklungspolitik“ vom Mai 2011 heißt es unter anderem, das BMZ werde Menschenrechtsvorhaben zur Verteidigung der Rechte von LGBTI fördern. Es gab auch ein kleines Finanzpaket (Fazilität) zur Unterstützung von „Vorhaben zur Umsetzung der Menschenrechte sexueller und geschlechtlicher Minderheiten“, aber das war nach wenigen Monaten ausgeschöpft. Dabei hat sich das BMZ viel vorgenommen; es spricht von zielgerichteter Förderung regionaler Netzwerke, der Unterstützung von deutschen zivilgesellschaftlichen Organisationen als Kooperationspartnern und von der systematischen Einbeziehung der Menschenrechtsverteidigerinnen und –verteidiger in die Programme. Tatsächlich ist die Situation derzeit vollkommen anders: Die Förderung von LGBTI-Projekten ist selten, die regionalen Aktivistinnen und Aktivisten haben keine Möglichkeit der Mitsprache, und auf deutscher Seite ist das Wissen zum Thema auf wenige Expertinnen bzw. Experten beschränkt.

Vorbild Schweden

Schweden, ein Land, das Entwicklungshilfe und Unterstützungsarbeit in etwa 120 Staaten in Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa leistet, stand 2005 vor einer ähnlichen Situation. Dort hatte eine Untersuchung offenbart, in welch geringem Umfang die politischen und administrativen Maßnahmen Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender (LGBT) berücksichtigten. Die Studie (A Study of Policy and Administration 2005) verwies auf die geringen Kenntnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Bezug auf die Zusammenhänge zwischen sexueller Identität und Kernthemen der Entwicklungszusammenarbeit, das unzureichende Bewusstsein für Diskriminierung und Menschenrechtsverletzungen, LGBT-Themen wurden in den Maßnahmen und Strategiepapieren nicht erwähnt, Projekte in Bezug auf LGBT äußerst selten gefördert. Für die schwedische Entwicklungszusammenarbeit bzw. die unter der Aufsicht des schwedischen Außenministeriums stehende Swedish International Development Cooperation Agency (Sida) war das Anlass zum Handeln.

Aktionsplan zur inklusiven Entwicklungsarbeit

In enger Abstimmung mit dem schwedischen Lesben- und Schwulenverband (RFSL) und unter dem konsequenten Druck einer fraktionsübergreifenden Parlamentariergruppe entwickelte die schwedische Entwicklungsagentur 2006 ein Konzept zur Selbstverpflichtung „Sida‘s work on Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender issues in international cooperation“. Um die Lebenssituation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen in den Ländern, in denen sich Schweden international engagiert, zu verbessern, wurde ein detaillierter Aktionsplan entwickelt. Der Plan betrifft alle Ebenen der schwedischen Entwicklungszusammenarbeit und zeigt, wie eine systematische Einbeziehung anzugehen ist.

Nach drei Jahren der Anwendung wurde das Programm 2009 evaluiert. Die wichtigsten Erfolge des Aktionsplans sind die deutliche Zunahme der bereitgestellten Mittel, die Benennung von LGBT in neun Länderstrategien und das verstärkte Engagement von Botschaften und des diplomatischen Dienstes. Darüber hinaus zeigen sich auch Erfolge bei der Sensibilisierung und des Engagements der Mitarbeitenden. Der Evaluationsbericht verweist auf die Initiierung von LGBT-Initiativen durch Regionalteams, die Einbeziehung von LGBT-Themen in die Dialoge mit der Zivilgesellschaft und den Regierungen sowie eine allgemeine Steigerung der Kenntnis über die Inhalte und Ziele des Aktionsplans.

Die Menschenrechtsarbeit, das zeigt die Evaluation auch, ist immer politisch, und Gespräche über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentitäten erwiesen sich als ausgesprochen schwierig. Schweden wird das Engagement in diesem Bereich verstärken und den Aktionsplan weitere drei Jahre fortführen. Die schwedische Entwicklungsagentur hat durch die Arbeit in diesem Bereich international an Ansehen gewonnen. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit braucht dafür noch einen Anstoß.

Gekürzte Fassung aus Yogyakarta Plus. Schriftenreihe der Hirschfeld-Eddy-Stiftung, Bd. 2

Renate Rampf, LSVD-Pressesprecherin



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