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Was können wir tun, um die Menschenrechte von LSBTI zu stärken?

Tillmann Schneider, Uta Schwenke, Jens Wagner und Tim Hülquist und Andrea Kämpf (v.l.) (C) LSVDBericht zum Zweiten Panel der Konferenz “Nach dem Arabischen Frühling: Risiken und Chancen für LSBTI in Nordafrika” am 03. November 2015 Berlin

Das zweite Panel ging den Fragen nach, was die deutsche auswärtige Politik, die Entwicklungs-zusammenarbeit, die Menschenrechtspolitik sowie die auswärtige Kulturpolitik in Bezug auf LSBTI-Projekte bereits leisten und was darüber hinaus getan werden könnte und müsste. Zunächst wurden erprobte Rezepte und Beispiele für das menschenrechtliche Engagement für LSBTI im globalen Süden, aber auch unverantwortliches, kontraproduktives Handeln diskutiert. 

Andrea Kämpf vom Deutschen Institut für Menschenrechte verwies auf die Sanktionen, die 2009 im Fall von Uganda und Malawi angedroht und auch angewendet wurden. Eine solche Politik torpediere nicht nur notwendige Armutsbekämpfung, sondern bedrohe womöglich auch die Zielgruppen, die sie vorgebe zu schützen. Denn sie könnten leicht zu Sündenböcken für ausbleibende Hilfe gemacht werden. Sinnvoller sei es, Druck hinter verschlossenen Türen auszuüben, die Möglichkeiten der stillen Diplomatie zu nutzen, anstatt Strafmaßnahmen zu skandalisieren und in die Öffentlichkeit zu tragen. Darüber hinaus könnten auch Positivmaßnahmen wie die Förderung von privaten LSBTI-Projekten durchgeführt werden. Dies werde aber in einigen Staaten wie Russland oder Ägypten durch neue Strafgesetze oder steuerrechtliche Regelungen torpediert, die die Handlungsspielräume von NGOs einschränken.

LSVD-Bundesvorstand Uta Schwenke verwies auf das Masakhane-Projekt, das größte jemals vom BMZ geförderte LSBTI-Projekt. Dieses best practice-Beispiel mache vor, wie die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ein sinnvolles, regionales Menschenrechtsprojekt im südlichen Afrika durchführen kann. Am Anfang stand der Wunsch der Partnerorganisation vor Ort, auf Menschenrechtsverletzungen nicht nur zu reagieren, sondern proaktiv in den beteiligten Projektländern Ideen für Partizipation, Integration und gesellschaftliche Mitgestaltung zu entwickeln und Fähigkeiten auszubauen, diese auch umzusetzen. Es geht bei solchen Projekten immer auch um das gegenseitige voneinander Lernen und die gemeinsame Entwicklung neuer Strategien für mehr gesellschaftliche Akzeptanz und Partizipation. Dies könne auch unser Negativbild von Afrika korrigieren.

Tim Hülquist vom Institut für Auslandsbeziehungen stellte die verschiedenen Programme und Wirkungsmöglichkeiten der Mittlerorganisation zwischen Staat und der Zivilgesellschaften im In- und Ausland vor. Zivile Konfliktbearbeitung, Forschungsprojekte, Kulturaustausch, aber auch Programme zur Stärkung der Zivilgesellschaften in den Ländern des Arabischen Frühlings bieten vielfältige Anknüpfungspunkte für die Unterstützung von LSBTI-Projekten. So könne man junge Stipendiat_innen nach Deutschland holen und, wie im Sommer bereits geschehen, mit dem LSVD oder anderen NGOs vernetzen. Daraus kann in der Folge eine vorbildliche Projektförderung entstehen. Für das IFA steht der Dialog der Zivilgesellschaften im Vordergrund. Strafmaßnahmen von Staaten seien da eher hinderlich.

Auch Tillmann Schneider (GIZ) warb für ein sensibles Vorgehen und den Dialog über diese Themen mit den Partnerorganisationen vor Ort. Bedarfe, Wünsche, Strategien und Ziele müssen mit den Beteiligten diskutiert werden, andernfalls unterstütze man Ausgrenzung. Er warb zudem für eine stärkere Einbeziehung religiöser Akteur_innen in die Projektarbeit vor Ort, soweit dies möglich sei. Ihnen komme in vielen afrikanischen Gesellschaften eine besondere Bedeutung zu. Ihre Einbindung sei eine langfristige Strategie zur Veränderung von Mentalitäten in der Bevölkerung.

Weitere Diskussionspunkte des Panels waren Förderkriterien etwa des BMZ, die in Bezug auf Menschenrechtsprojekte, wie z.B. Projekte für besonders stigmatisierte Gruppen wie LSBTI, geändert werden sollten. Zu überlegen sei, ob hohe Eigenbeteiligungen bei Projektenanträgen, die von vielen NGOs nicht aufzubringen sind, reduziert oder abgeschafft werden und ob nicht auch eine institutionelle Förderung in Frage kommt. Unhaltbar sei auch die Regelung, Personalmittel im Inland nicht anzuerkennen, da eine ehrenamtliche Projektbegleitung in dem erforderlichen Umfang langfristig nicht möglich ist. Das Prinzip widerspreche klar dem Nachhaltigkeitsprinzip. Tim Hülquist verwies zudem auf das Cross Culture Programm des IFA, um Akteur_innen im globalen Süden, insbesondere in den Ländern der Transformationsgesellschaften zu stärken. Sie benötigten Unterstützung bei der Beantragung und Bewirtschaftung von Mitteln.

Der Moderator des Panels, Jens Wagner aus dem Auswärtigen Amt, schloss mit einem Hinweis auf die deutsche Geschichte und die singuläre Verfolgungsgeschichte von Homosexuellen sowie auf die heutige Situation von LSBTI in Deutschland. Diese langfristige positive Entwicklung mache deutlich, dass Veränderung möglich ist und wie aus sehr homophoben Gesellschaften relativ tolerante Gesellschaften entstehen können.

Klaus Jetz
Hirschfeld-Eddy-Stiftung



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